PM: Warum werden in Aurich immer wieder dieselben Fehler gemacht?
Aus der lokalen Presse wurden die Pläne für die Geh- und Radwegsanierung in der Oldersumer Straße bekannt. Die Planung lässt die Bedürfnisse der geplanten Nutzerinnen und Nutzer unberücksichtigt und hält an überholten Konzepten fest.
Von den Sanierungsplänen der niedersächsischen Straßenbaubehörde (NLSTBV) und der Stadt Aurich hat der Fachverband ADFC Aurich erstmalig aus der Presse erfahren müssen. Danach sollen entlang der Oldersumer Straße nun gemeinsame Geh- und Radwege entstehen. Damit wird in Aurich eine Fehlentwicklung fortgesetzt, die sowohl für Zufußgehende als auch für Radfahrende nachteilig, rechtlich höchst umstritten ist – und im klaren Widerspruch zu den Zielen des Masterplan Radverkehr 2030 steht.
„Wir finden es bedauerlich und nicht zeitgemäß, dass die Verantwortlichen bei Plänen für Veränderungen der Radverkehrsinfrastruktur den ADFC Aurich nach wie vor in keiner Weise einbeziehen“, sagt Albert Herresthal, Vorstand des ADFC Aurich und stellvertretender Landesvorsitzender des ADFC Niedersachsen. „Das ist andernorts eine Selbstverständlichkeit und bietet die Chance, auch die Expertise des Verbands und unsere Vorschläge zu nutzen – und im günstigsten Fall den ADFC mit ins Boot zu holen“.
Dass sich der Radweg entlang der Oldersumer Straße in einem schlechten baulichen Zustand befindet, ist sicher unstrittig. Aus diesem Grund besteht hier auch keine Benutzungspflicht, Radfahrende können also auch die Fahrbahn benutzen – was sich für Radfahrende allerdings ohne eine Geschwindigkeitsreduzierung auf beispielsweise Tempo-30 häufig unsicher anfühlt. Auch fehlen hier Piktogramme oder sonstige Hinweise, mit denen Autofahrende darauf hingewiesen werden, dass Radfahrende völlig zu Recht die Fahrbahn benutzen.
Die nach unserem Kenntnisstand jetzt geplanten (benutzungspflichtigen, Zeichen 240) gemeinsamen Wege mit dem Fußverkehr auf dem Hochbord in 2,50m Breite, sind allerdings keine gute Lösung und zudem rechtlich äußerst fragwürdig.
Schlecht für den Fußverkehr:
Wenn zwei Fußgänger entspannt nebeneinander gehen, beträgt der Platzbedarf bereits mindestens 1,5m. Wenn der Weg ebenfalls von Radfahrenden benutzt werden soll, wird dies zur Folge haben, dass in der Praxis entweder Zufußgehende sehr eng überholt und erschreckt oder ständig „weggeklingelt“ werden. Beide Varianten sind für Fußgänger*innen schlecht.
Schlecht für den Radverkehr:
Anstatt zügig die Fahrbahn nutzen zu können, würden Radfahrende bei einer Benutzungspflicht in die oben beschriebene Konfliktsituation mit dem Fußverkehr geraten und die Oldersumer Straße nur noch in langsamem Tempo passieren können.
Rechtlich fragwürdig:
Die amtlichen Regelwerke verbieten gemeinsame Geh- und Radwege dort, wo die „Netz- und Aufenthaltsfunktion beider Verkehre“ mehr als gering ist. Nach der Verwaltungsvorschrift zur StVO und auch der ERA darf innerorts eine gemeinsame Führung von Fuß- und Radverkehr nur in Ausnahmefällen und unter der Bedingung einer geringen Frequenz stattfinden. Die Oldersumer Straße wird jedoch in dem innenstadtnahen Abschnitt sehr stark sowohl von Zufußgehenden als auch von Radfahrenden genutzt. Zum erheblichen Rad-/Fußverkehr tragen u.a. diverse Geschäfte, Gastronomie und Dienstleister mit Publikumsverkehr bei sowie der Schülerverkehr (auch zur Reilschule). Damit wäre eine gemeinsame Wegführung rechtlich unzulässig.
Gegen die Empfehlungen aus dem Masterplan Radverkehr für Aurich:
Das vom Rat der Stadt beschlossene „Wandelszenario“ verlangt eine Führung des Radverkehrs getrennt vom Fußverkehr (Seite 6). Im Masterplan werden für die Oldersumer Straße Schutzstreifen oder Sharrows auf der Fahrbahn empfohlen (S. 59). Auf Seite 34 werden gemeinsame Geh- und Radwege grundsätzlich kritisch bewertet und auf das erhöhte Gefährdungspotenzial hingewiesen. Außerdem wird auch hier auf die ERA hingewiesen.
Der ADFC fordert für die Radwegeführung in der Oldersumer Straße vor weiteren Festlegungen einen Dialog mit den Entscheidern mit dem Ziel, gemeinsam Lösungen zu erarbeiten, die sowohl rechtssicher sind als auch den Erfordernissen des Fuß- und Radverkehrs genügen und im Einklang mit dem Masterplan Radverkehr stehen.
Unabhängig von der aktuellen Planung für die Oldersumer Straße fordert der ADFC eine grundsätzliche Abkehr von der langjährigen Praxis, Radfahrende und Zufußgehende auf gemeinsame Wege zu zwingen – wie vor fünf Jahren bereits im Masterplan Radverkehr vorgesehen. Beide Verkehrsarten brauchen jeweils eigenständige Wege, auf denen sie sich entspannt bewegen und sicher zum Ziel kommen können!