ADFC-Veranstaltung „Aufbruch Fahrrad“ mit prominenten Rednern
Mehr Dynamik bei der Umsetzung der Verkehrswende gefordert
Zum zweiten Mal fand am 7.11.24 im Auricher Güterschuppen die öffentliche Veranstaltung des ADFC statt. Diesmal waren gleich zwei amtierende Bürgermeister als Referenten vor Ort. Weiterhin gab ein Polizeirat aus Bielefeld Einblicke in die Präventionsarbeit der Polizei. Für seine Untersuchung zum Thema „Framing der Verkehrsunfallberichterstattung“ wurde er soeben mit dem Förderpreis des Deutschen Verkehrssicherheitsrats (DVR) ausgezeichnet. Moderiert wurde „Aufbruch Fahrrad“ von dem ZGO-Journalisten Daniel Noglik.
Nach einer Ansprache von Aurichs Bürgermeister Feddermann präsentierte der Bürgermeister der Stadt Nordhorn, Thomas Berling, das Verkehrswendekonzept seiner Stadt. Im Hinblick auf den Radverkehr machte er deutlich, dass direkte und möglichst kreuzungsfreie Radwege ein Schlüssel zum Erfolg seien. In Nordhorn selbst sind viele wichtige Radrouten gegenüber kreuzenden Straßen bevorrechtigt, so dass ein schnelles Vorankommen für Radfahrende leicht ist. Auch in Nordhorn gab es um diese Themen viele Diskussionen, doch die Radverkehrsförderung wurde hier engagiert vorangetrieben und mittlerweile gibt es eine große Zufriedenheit mit der Umsetzung, weil die Bevölkerung die Vorteile konkret erleben kann: Die hohe Aufenthaltsqualität hat die Attraktivität der Innenstadt erhöht, die wirtschaftliche Entwicklung ist positiv, auch weil viele Radtouristen Nordhorn zum Ziel nehmen.
Polizeirat Jan Nordhoff berichtete über seine ausgezeichnete Masterarbeit, in der er die polizeilichen Berichte über Verkehrsunfälle sprachlich und auf Narrative hin untersucht hat. Dabei wurde deutlich, dass sich allzu häufig verharmlosenden Zusammenhänge hergestellt werden bzw. eine Täter-Opfer-Umkehr betrieben. So wurde beispielsweise über die Tatsache, dass ein Autofahrer schuldhaft beim Abbiegen ein Kind angefahren hatte mit den Worten berichtet: „Vierjähriger läuft gegen Auto“. Nordhoff appellierte an Polizeibehörden und Medien, stärker aus der Perspektive der Opfer zu berichten. Er stellte auch die Nutzung des Worts „Unfall“ infrage, da 90,7% aller „Unfälle“ keine zufälligen oder unvermeidbaren Ereignisse sind, sondern durch eindeutig zu definierendes Fehlverhalten verursacht werden.
An der anschließenden Diskussionsrunde nahmen neben den beiden Hauptreferenten des Abends auch der Auricher Stadtbaurat Mirko Wento, der Vorsitzende des Verkehrsausschusses, Reinhold Mohr, sowie als Vertreter der Jugend, Deniz Brinkmeier teil. In der Debatte unter Beteiligung des Publikums ging es verstärkt um Auricher Verkehrsthemen. Dabei kam auch die Beteiligung von Bürger*innen und besonders von jungen Menschen zur Sprache. Es wurde deutlich, dass eine breite Beteiligung sowohl von der Politik als auch von der Verwaltung befürwortet wird. Zugleich wurden aber auch konkrete Beispiele genannt, bei denen die konkreten Ergebnisse dann von Politik oder Verwaltung nicht weiter verfolgt wurden oder – schlimmer noch – das Gegenteil des Bürgerwillens beschlossen wurde (Beispiel: Bürgerbeteiligung zum Grünen Weg). Auch der Masterplan Radverkehr war in der Podiumsdiskussion Thema. Während die Vertreter der Stadt hier auf ein gutes Vorankommen verwiesen, machten andere Redner*innen darauf aufmerksam, dass ganz wesentliche Punkte (z.B. Radschnellwege) noch nicht einmal in die Planung der Stadt aufgenommen wurden oder die Vorgabe des Masterplans, Gehwege und Radwege jeweils eigenständig zu gestalten, gar nicht als Ziel der Auricher Verkehrspolitik umgesetzt werden.
Nach zweieinhalb Stunden ging ein inspirierender Abend bei informellen Gesprächen und Getränken zu Ende.